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Interview

„Pimmel und Bierorgel gehören einfach zusammen…“

Ein Interview mit der deutschesten aller Burschenschaften

Der Thomasbummel steht bevor. Jedes Jahr am 3. Advent defilieren ca. 2000 Burschenschaftler durch die Nürnberger Altstadt. Nicht alle teilnehmenden Verbindungen haben alberne Phantasie-Namen wie „Germania“, „Danubia“ oder „Normannia“, sondern auch seriöse Verbindungen wie die Pogoanarchistische Fachhochschul- und Universitäten Interessensgemeinschaft (PFUI) oder die Fäkalia zu Nürnberg beteiligen sich an diesem denkwürdigen Event.

Für uns ist der Thomasbummel ein Anlass, uns mit dem anachronistisch wirkenden Phänomen der farbentragenden Verbindungen zu befassen. Wir freuten uns daher, als eine Verbindung unsere Interviewanfrage annahm und begaben uns zum Gespräch in eine pittoreske Villa unterhalb des Heidelberger Schlosses.

AM: Guten Tag, Herr…

A: Nennen Sie mich doch einfach Armin! Deutschen Gruß!

Okay, Armin, Sie sind Mitglied in der Burschenschaft Kackbraune Fäkalia…

Ja. Ich bin zur Zeit auch der Senior der Fäkalia

Haben Sie etwas gemein mit der Fäkalia zu Nürnberg?

Nur den Namen. Die Nürnberger zählen sich zu den Ururburschenschaften, von denen wir uns vehement distanzieren.*

Wofür steht denn nun aber die Kackbraune Fäkalia?

Vor allem für die Gemüts- und Wesensbildung des deutschen Mannes und die Pflege unserer deutschen Kultur.

Kritiker behaupten, dass Sie junge Männer damit ködern, dass Sie ihnen Unmengen einer legalen Droge zur Verfügung stellen – gemeint ist natürlich Alkohol.

Alkohol ist keine legale Droge. Alkohol ist eine deutsche Droge. Also keine!

Sind die Zusammenkünfte von Burschenschaften, „Kneipen“ genannt – nicht berüchtigt für ritualisierte Exzesse?

Nein, unsere Kneipen sind nur zum Teil ritualisiert. Sie kennen auch die Phasen „Gemütlichkeit“, „deutsche Gemütlichkeit“ und „Urgemütlichkeit“.

Was bedeutet z.B. Urgemütlichkeit?

Na ja, z.B. einer der Alten Herren – manchmal mein Leibbursch aus der Bierfamilie Suff – bedient die Bierorgel. Zwischen zwei Liedern zieht er sich aus, und wir übergießen ihn mit verschiedenen Flüssigkeiten. Unser Fuxenmajor hat kürzlich in die Bierorgel gepinkelt und dabei das Lied der Deutschen gesungen.

Wir spielen die Bierorgel auch manchmal mit unseren Pimmeln. Wissen Sie, Pimmel und Bierorgel gehören einfach zusammen…

Okay. Verstehe. – Was ist eine Bierorgel?

So nennen wir ein Klavier. Wir haben lustige Wörter für alle möglichen Dinge. Deutsche Wörter!

Wenn es bei Ihren Kneipen „gemütlich“ wird, singen Sie auch Dinge wie „Waidmannsheil, was sind die Weiber geil.“ Klingt da nicht fast schon ein leichter Sexismus an?

Wir lieben und ehren unsere Damen, deshalb würden wir Derartiges nie singen, wenn sie dabei sind.

Übrigens bringen wir auch unsere Hochachtung vor den Damen singend zum Ausdruck. Die Liebsten unserer Bundesbrüder ehren wir z.B. mit „Sie lebe dreimal hoch! Und vermehren soll sie sich wie der Sand am Meere. Füchse kriegen fürchterlich, eine ganze Herde!“ Sie sehen also: Mit Sexismus haben wir wirklich nichts am Hut.

Ihnen und anderen studentischen Verbindungen wird oft vorgeworfen, dass sich auch Nazis in Ihren Reihen finden. Wie halten Sie es mit der Nähe zu extrem rechter Ideologie?

Rechte Ideologie wurde auch schon anderen nachgesagt. Der SA etwa. Dieser Vorwurf taucht scheinbar immer auf, wenn deutsche Männer zusammenkommen um deutsche Werte zu pflegen. Vergessen Sie aber nicht, dass alle Verbindungen unter den Nazis verboten waren – und das, obwohl viele Verbindungen ihre jüdischen Mitglieder vorher schon längst rausgeschmissen hatten. Durch diese Verbote wurde viel Leid verursacht. Leid, das heute systematisch verschwiegen wird.

Hanns Martin Schleyer zum Beispiel litt enorm darunter, dass manche Verbindungen sich politisch so ungeschickt verhielten, dass sie ein Verbot geradezu provozierten. Er selbst war in dieser für alle so schweren Zeit gezwungen, sein Corps Suevia zu verlassen und sich dem Nationalsozialistischen Deutsche Studentenbund anzuschließen. Dass er von den Nazis später als SS-Führer beim Reichssicherheitshauptamt eingesetzt wurde, war da auch kein Trost. Wir waren also auch unter den Nazis eine unterdrückte, marginalisierte Minderheit. Es war schließlich nicht alles gut!

Wir betonen es immer wieder: Wir stehen für die Bewahrung von Werten, für Toleranz, gegenseitigen Respekt und die Ausmerzung artfremden Gedankenguts. Sehen Sie, wir sind auch keinesfalls rassistisch, nur dagegen, dass Artfremde in Deutschland etwas zu sagen haben. Einige unserer Bundesbrüder wenden sich aktiv gegen die Umvolkung, die von der Regierung eingeleitet wurde. Auch ich sehe Frau Merkel nicht gerne im Kanzleramt, aber das hat noch nicht einmal etwas mit ihrer Migrationspolitik zu tun.

Sondern womit?

Nun ja: Sie ist eine Frau.

Jedenfalls sind wir besorgt wegen Islamisierung und Arabisierung unseres Abendlandes. Was für uns keine Option ist: „Nos habebit Hummus…“, mit zwei M, Sie verstehen? (Lacht laut auf)

Nein, eigentlich nicht.

Haben Sie überhaupt Abitur?

Nein.

Macht ja nichts. Kein Grund, sich zu schämen. Leute wie Sie sind ja auch Menschen, wissen Sie?

Dass Sie sich als marginalisiert erleben ist erstaunlich. Schließlich geben sich Verbindungen wie die Ihrige betont elitär. Viele Ihrer „Alten Herren“ sitzen in Vorständen oder sind hohe Beamte…

In Professuren und als Gymnasiallehrer sind wir aber mittlerweile immer weniger präsent. Das ist der Versuch, uns als marginalisierte Gruppe in diesen Bereichen unsichtbar zu machen. Aber freilich bieten wir immer noch erhebliche Vorteile für den Start in Elite-Karrieren. Außerdem: Beachten Sie, wie schön es ist, das Studium unter Gleichgesinnten zu verbringen und dabei in einer Villa wohnen zu können! Mit Köchin! Eigentlich haben wir hier ein Leben wie Kurfürst Friedrich von der Pfalz, inklusive Kammermohr.

Kammermohr?

Na ja, nicht wirklich. Aber eine Putzfrau haben wir schon. Unsere Ayşe, wie wir sie nennen. Die ist grad nebenan, die kann ich uns mal rufen.

Nein, nicht nötig. Sprechen wir doch weiter über…

Ayşe! Komm fein her, Ayşe!

(Eine äußerst entnervt wirkende Frau mittleren Alters öffnet die schwere Tür aus deutscher Gußeiche. Sie zischt milde: „Ich heiße Monika. Immer noch. Auch heute.“)

Wir haben da so ein Spiel, gell, Ayşe? Ich sag immer „Heil, deutsche Ayşe!“ und sie dann immer: „Heil, knorriger Ast!“. Also, eigentlich sagt sie das nie, aber ich stelle mir das vor. (Reißt seine Augen weit auf) Ich stelle mir das vor!

(Der äußerst entnervt wirkenden Frau mittleren Alters entfährt ein vernehmliches „Fick dich!“, bevor sie die Tür hinter sich zuschlägt.)

Armin, vielen Dank für…

Warum nennen Sie mich ständig Armin?

Sie hatten gesagt, dass wir Sie so nennen sollen.

Nein, habe ich nicht.

Nun gut, vielen Dank für das Interview!

Gerne! Hip Hip Hurra, Fäkalia! Deutschland!

* Die „Ururburschenschaften“ finden sich unter dem Dach des sogenannten „Nürnberger Convents“ zusammen.