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Vom Leben und Sterben eines Proletariers

Von Vidar Lindstrøm

„Unsere Generation hat es schwerer als unsere Väter. In einer Beziehung aber sind wir weitaus glücklicher daran als unsere Väter. Wir haben es gelernt und lernen es schnell, zu kämpfen – und nicht als einzelne zu kämpfen, wie die Besten unter unseren Vätern gekämpft haben, nicht im Namen von Losungen bürgerlicher Schönredner, die uns im Innern fremd sind, sondern im Namen unserer eigenen Losungen, der Losungen unserer Klasse. Wir kämpfen besser als unsere Väter. Unsere Kinder werden noch besser kämpfen, und sie werden siegen.“

Wladimir Illich Lenin, Arbeiterklasse und Neomalthusianismus.1

Was bleibt am Ende des Lebens eines Proletariers, außer trauernde Hinterbliebene, individuelle Erinnerungen, ein Grab, Schulden oder ein kleines Erbsümmchen? Was soll schon bleiben? Es gibt keine heroischen Geschichten wie in Hollywood-Fantasien, und Denkmäler werden im Kapitalismus nur zu Ehren von Kapitalisten errichtet, ebenso für verbrecherische Staatsmänner, ihre Ideologen sowie für Leute aus Wissenschaft und Kultur, deren Arbeit zur Kapitalvermehrung oder der ideologischen Sicherung der Ausbeutungsverhältnisse beigetragen hat. Die ProletarierInnen werden geboren und sterben, wie es der Mensch eben tut, und dazwischen führen sie ein entrechtetes Leben, dessen Inhalt vollständig dem Profitinteresse des Kapitals unterworfen ist, welches sich Menschheit und Planeten untertan macht.

Aber, müssen wir KommunistInnen einwenden, wir ProletarierInnen sind keine handlungsunfähigen Objekte der Weltgeschichte, sondern das Subjekt revolutionärer Veränderungen. Der Zugriff des Kapitals auf unsere Leben ist nur theoretisch totalitär, real ist der Sinn und Zweck unseres Lebens ebenso Inhalt des Klassenkampfes wie die Frage nach der Gestaltung unserer Lebenszeit. Dreißig, vierzig oder sechzig Stunden arbeiten gehen müssen, das kann den Unterschied machen zwischen Freizeit haben und sich erholen können und Dauerstress, Hobbys wahrnehmen oder nicht, selbst kochen oder Fertigessen, früher oder später Erkrankung, langem Lebensalter oder schneller körperlicher Abnutzung. In ihrer Geschichte als Klasse haben die ArbeiterInnen den Achtstundentag – und damit eine höhere Autonomie gegenüber dem Kapital – erkämpft und viele Jahre später durch starke gewerkschaftliche Streiks im Metallbereich das Recht auf eine 35-Stunden-Woche. Diese Erfolge stehen seit dem Siegeszug der neoliberalen Doktrin – ebenso wie die durch Klassenkämpfe geschaffenen sozialen Sicherungssysteme – unter Angriff, und je mehr das Kapital gegenüber der Arbeit an Macht gewonnen hat desto mehr sind diese Ergebnisse historischer Klassenkämpfe revidiert worden. Mit jeder neuen Krise wird versucht, längere Arbeitszeiten und ein späteres Rentenalter durchzusetzen. Das Ergebnis ist mehr Stress und weniger Zeit für Erholung und eigene Interessen – ein verstärkter Zugriff des Kapitals auf unsere Lebenszeit. Die erhöhte Nutzung unserer Arbeitskraft ist gleichbedeutend mit der erhöhten Beanspruchung und Abnutzung unserer Körper. Dies betrifft die KollegInnen am Bau ebenso wie die in der Pflege oder im Büro. Der Grad der Abnutzung und die betroffenen Körperregionen mögen unterschiedlich sein, aber unsere Körper werden immer intensiver im Mahlwerk der Kapitalakkumulation zerrieben. Es ist unser ureigenstes Interesse als ArbeiterInnenklasse gegenüber dem Kapital, mehr Autonomie zu erringen und schlussendlich dieses System selbst abzuschaffen. Viel zu früher Tod und arbeitsbedingte Krankheiten sind typisch für ein System, das „die Springquellen allen Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter“.2

Man könnte sagen, die ganze Dramatik dieser bitterlichen Existenz hat auch das Leben meines kürzlich verstorbenen Vaters gezeichnet. Wie die ganze Familie fing er früh nach der Schule auf dem Bau an, wurde später Polier und konnte sich in den letzten Jahren zum Bauleiter hocharbeiten. Sein eigener Vater war ebenfalls sein ganzes Leben lang auf dem Bau, die Mutter als Hausfrau mit den fünf Kindern beschäftigt. Fränkische Provinz, zutiefst protestantisch. Arbeiten und arbeiten und immer wieder arbeiten, das Paradies kommt nach dem Leben. Man könnte sich keine besseren Lohnsklaven wünschen.

Der eine Onkel, der versucht hat, nach seinen eigenen Regeln zu spielen, hat es auch nur bis in den Knast geschafft, wo er während einer sehr langen Haftstrafe unter seltsamen Umständen verstorben ist. Sein Ausbruchsversuch aus den Verhältnissen endete mit noch mehr Unfreiheit und Knastarbeit. Der Rest hatte derweil Familien gegründet und zum Teil kreditfinanzierte Häuser gebaut. Dafür soll’s am Ende eben reichen; der Familie soll’s gut gehen, das eigene Haus soll Sicherheit bieten und die eigene harte Arbeit soll auch ein bisschen Ansehen generieren. Um den Rest soll sich die Politik kümmern und mehr erwartet man auch nicht.

Nach der Schule rein in die Lehre und danach im besten Fall mehr als 40 Jahre durcharbeiten, Steuern zahlen, ein bisschen Gehorsam und Disziplin, das ist auch alles, was das Kapital verlangt. Das ist der kapitalgemachte Lebensrhythmus, dem wir als ArbeiterInnenklasse unterworfen sind, und die meisten machen das auch genau so mit. So auch mein Vater. Gedankt hat’s ihm niemand, warum auch. Drecksjob am Bau, das über 40 Jahre lang, sechzig Stunden pro Woche. Das mag reichen, um den Kühlschrank zu füllen, aber im Leben der Kinder spielt man damit keine allzu große Rolle. Auch der Körper macht das nicht mit. Jeden Tag früh raus, kotzen, zu lange arbeiten, zu viel Stress, zu wenig Schlaf, ungesunde Ernährung, ungesunder Lebensstil, Magenprobleme, Scheidung, Wegzug, und mit 50 dann Krebserkrankung. Nicht geraucht, nicht getrunken, einfach nur diese ständige Belastung für den Körper haben ihn dazu gezwungen, einige Jahre nicht zu arbeiten, um eine Chemotherapie zu machen. Und schon beginnt der Kreislauf von Neuem. Das Ersparte wird langsam aufgefressen, Kredite wollen abbezahlt werden, die Arztkosten steigen immens. Also möglichst schneller Wiedereinstieg ins Arbeitsleben und der Scheiß geht von vorne los, mit noch höherem finanziellem Druck. Im Betrieb zum Bauleiter aufsteigen, Baustelle geht nicht mehr, aber ebenfalls 60 Stunden die Woche, Arbeit mit nach Hause nehmen, keine Freizeit, keine Entspannung. Dem Mann war einfach nicht zu helfen.

Für den Betrieb, bei dem mein Vater gearbeitet hat, war das perfekt. Nach einigen Jahren lief es ökonomisch wieder prächtig genug, um sich an einen Konzern zu verkaufen. Man hat sich gesund gespart. Mein Depp von Vater hat nämlich nicht nur 60 plus Stunden dort gearbeitet, sondern den Großteil, inzwischen als Angestellter, auch völlig unentlohnt. Nach nur wenigen Jahren im Betrieb konnte er seine ersten sage und schreibe 1.000 Überstunden während seiner Krebserkrankung „abfeiern“. Zwanzig Überstunden jede Woche, zwei Jahre lang. Man könnte jetzt sagen, „was für fiese Ausbeuter“. Das ist aber leider nur die Hälfte des Problems. Sicherlich, mein Vater hat sich auch durch die ökonomischen Zwänge getrieben gesehen, ein zentraler Aspekt war jedoch eine zutiefst internalisierte protestantisch-kapitalistische Arbeitsethik.

„Das ‚Summum Bonum‘ dieser Ethik lautet: der Erwerb von Geld und immer mehr Geld, unter strengster Vermeidung alles unbefangenen Genießens […] Der Gelderwerb ist – sofern er in legaler Weise erfolgt – innerhalb der modernen Wirtschaftsordnung das Resultat und der Ausdruck der Tüchtigkeit im Beruf, und diese Tüchtigkeit ist, wie nun unschwer zu erkennen ist, das wirkliche A und O der Moral …“

Max Weber, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus3

Arbeite, dann bist du, arbeite, dann hast du. Zurecht gab es in den 60ern eine Bewegung, die derartige Vorstellungen vom Leben und Sterben bekämpft hat. Denn dieser völlig wahnsinnige Arbeitskult hinterlässt auch bei den Kindern Narben. Bei uns war es der Vermittlung der eigenen Sklavenmoral an die Kinder abträglich, zu sehen, dass ein Leben ohne Freizeit, ohne Genuss, ohne Freiheit auch noch mit derartigen körperlichen Beschwerden wie dem ritualisierten frühmorgendlichen Kotzen bezahlt wird. Wer sollte so etwas schon wollen. So kam es, dass ich und meine Schwester einen anderen Weg eingeschlagen haben. Auf Schule geschissen, was kommt da schon bei raus, und die freiwillige Arbeitslosigkeit gewählt, um die eh schon geschundene Psyche nicht weiter mit unnötigen Strapazen zu belasten. Mit Antikapitalismus, geschweige denn Kommunismus, hatten wir bis dahin keinen Kontakt, doch es waren die Scherben, die ich erst viele Jahre später hören sollte, die unsere Einstellung am besten beschrieben:

„Du musst arbeiten
Du musst schuften so wie ich!

Aber ich will nicht werden
Was mein Alter ist. Nee!

Ich möchte aufhören
Und pfeifen auf das Scheißgeld

Ich weiß, wenn das so weitergeht
Bin ich fertig mit der Welt“

Ton Steine Scherben4

Ich weiß, dass ich gerade so ziemlich genau die Erfahrungen beschreibe, die ein großer Teil der Generation, die man „Millenials“ nennt, gemacht hat. Das ist auch kein Zufall, sondern Ausdruck der sich verschlechternden ökonomischen Bedingungen, seit die Dauerkrise, die mit dem Platzen der Dotcom-Blase Anfang der 2000er begann, vollends ins Bewusstsein rückte. Das ist die eine historische Begebenheit, die unsere Generation geprägt hat. Die andere ist die permanente Kriegsstimmung und die reaktionäre Offensive nach 9/11. Derartig große ökonomische und gesellschaftspolitische Umschwünge bringen immer dreierlei hervor: Resignation, Reaktion sowie gesellschaftliche Kräfte, die auf Veränderung drängen. Wer nicht der Resignation verfallen ist oder seinen reaktionären Tendenzen freien Lauf gelassen hat, den hat es in die sozialen Bewegungen getrieben, gegen die Globalisierung, den Irak-Krieg, zu den Schüler- und Studentenprotesten.

Die Dialektik der Geschichte vermag es, Generationen hervorzubringen, die fast schon regungslos vorüberziehen, aber ebenso jene, die die gesellschaftlichen Verhältnisse ganzer Weltteile umzuwerfen vermögen. Die Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise, seine zyklischen Krisen, der ständige Klassenkampf zwischen Kapital und Arbeit und die damit einhergehenden gesellschaftlichen und politischen Umbrüche bringen immer wieder aufs Neue revolutionäre Kräfte hervor. Eben dessen ist sich Lenin bewusst gewesen, als er mit der obigen Aussage 1913 nach dem Pirogow-Ärztekongress in der Prawda die Kleinbürger, die sich fragten, ob man in so eine abscheuliche Welt überhaupt Kinder setzen sollte, angriff. Sie hat auch heute noch Geltung. Für Lenin war es das Gejammer einer „hoffnungslos zugrunde gehenden, an ihrer Zukunft verzweifelnden, eingeschüchterten und feigen Klasse“. Das Gejammer kommt uns heute nur allzu bekannt vor; es ist dasselbe, welches wir im Zuge der Debatte um die Klimakrise aus genau derselben verzweifelnden Klasse vernehmen können. Nur allzu oft sind es die ehemaligen AktivistInnen der früheren Bewegungen, welche sich heutzutage regelrecht in politischer Resignation suhlen. Wehe dem, der noch Hoffnung hat.

„Niemand entkommt dieser Verflechtung von Zwängen und Freuden, in deren Netzen die Söldnertradition die widerspenstige, ausschweifende Natur einfängt. Die Tyrannei der Lohnarbeit, die noch die kleinsten Genüsse ihrem Geist und ihrem Rhythmus anpasst, ist ein Verrat an der Kindheit und den Verheißungen, die sie für die Zeit der Reife erahnen lässt.“

Raoul Vaneigem, Zwischen der Trauer um die Welt und der Lust am Leben5

Wer hat ihn noch nicht gehört, den Vorwurf des Verrats, den meist junge GenossInnen den alten Verbündeten entgegenbrüllen. Das Kinderkriegen an sich sei quasi eine konterrevolutionäre Tat. Es gibt Gruppen, da darf man gar nicht mehr mitmachen, wenn man Kinder bekommt. Man mag aus einem jugendlichen Idealismus heraus das Urteil für unanfechtbar halten, doch die Älteren – vor allem diejenigen, die dabeigeblieben sind – wissen genau, dass die Frage „Aktivismus oder Familie“ in den Strukturen der revolutionären Linken kaum Raum für Kompromisse lässt. Dass es für Menschen mit Familien kaum politische Strukturen gibt, ist viel diskutiert worden. Dennoch ist das Problem ungelöst. Es wäre ein falscher Schluss aus Lenins Aussage, zu denken, die Jungen werden es schon richten und deswegen wäre die ganze Problematik nur halb so schlimm. Sicherlich, die Jugend ist eine Triebkraft jeder Revolution, doch man stelle sich vor, ohne jegliche politische Bildung, ohne Organisation müssten die Jungen ihre Kämpfe ausfechten. Kontinuität und Weiterentwicklung von Theorie und Praxis sind unerlässlich für den Aufbau revolutionärer Organisationen. Das Verhältnis von Jungen und Alten funktioniert dementsprechend gut als Metapher für die Dialektik von Theorie und Praxis. Diese muss auch in den eigenen Organisationen hergestellt werden.

„Denn nur der zweite Sprung kann beweisen, dass der erste Sprung in der Erkenntnis, d. h. die Ideen, Theorien, politischen Richtlinien, Pläne; Methoden usw., auf die man im Prozess der Widerspiegelung der objektiven Außenwelt gekommen ist, richtig oder falsch war; es gibt keine andere Methode, die Wahrheit nachzuprüfen. Das Proletariat verfolgt mit der Erkenntnis der Welt einzig und allein den Zweck, die Welt umzugestalten; es hat dabei kein anderes Ziel. Zu einer richtigen Erkenntnis gelangt man oft erst nach einer vielfachen Wiederholung der Übergänge von der Materie zum Bewusstsein und vom Bewusstsein zur Materie, das heißt von der Praxis zur Erkenntnis und von der Erkenntnis zur Praxis.“

Mao Tse-tung: Woher kommen die richtigen Ideen der Menschen?6

Der „Tyrannei der Lohnarbeit“ entkommt niemand, ohne selbst großen Schaden durch die Tyrannei des Jobcenters zu nehmen. Wer eine Familie gründet, der hat auch Verpflichtungen, gegenüber dem Kind ebenso wie gegenüber dem Partner oder der Partnerin. Das System an sich erhebt den Anspruch, totalitär auf alles zugreifen zu können, was Profite ermöglichen könnte. Wirst du krank, will die Krankenkasse Kohle sehen, die Versicherungen greifen eh so weit in fremde Taschen, wie es möglich ist; und will man sich und den Kindern tatsächlich mal mehr bieten als das eigene Elend, kommt man um Kredite nicht herum. Für die ProletarierInnen heißt, innerhalb der Grenzen des Systems mehr zu wollen, automatisch mehr Unfreiheit. Je mehr man sich hineinbegibt, desto mehr zieht sich die Schlinge um den Kopf. Diesen Vorteil hat die Jugend, diesen Nachteil haben die Alten. Mein Vater hatte den Kopf zu sehr in der Schlinge. Ich hingegen konnte wählen, der Arbeit auf dem Bau zu entfliehen, Politik zu machen und revolutionäre Theorien zu lernen. „Wenn die Schulden im Nacken sitzen, bist du froh, wenn du wieder Arbeit hast“, so sieht es die Frau meines Vaters. Dennoch hat sie verstanden, dass Arbeit zum Geldverdienst längst nicht mehr für alle eine Option ist: „Dass die Jugend nicht mehr arbeiten will, kann man ihr nicht verdenken, für was, sieht ja keiner mehr einen Sinn darin“. Ob der Sinn der Arbeit in der Erfüllung einer quasi göttlichen Arbeitsethik liegt – oder in der Produktion nützlicher Gebrauchswerte, darüber entscheiden zukünftige Revolutionen.

Meinem Vater hat das Leben ohne Genuss und Freuden nichts gebracht. Hätte man ihn gefragt, er hätte trotzdem gesagt, er sei glücklich. „Müßiggang ist Sünde wider Gottes Gebot“7 sagte Martin Luther, für den Rest hat der bekloppte Protestant ja noch die Erlösung im Paradies. Natürlich hat er sich nach der Krebstherapie nicht mehr richtig erholt, 60 Stunden Arbeit jede Woche gingen trotzdem noch, zum Dank gab’s zwar nicht mehr Geld vom Chef, dafür aber hin und wieder einen Herzinfarkt. Als Corona kam, war es dann endgültig vorbei. Nach der Infektion war das Immunsystem hinüber, die Nieren kollabierten, Krebs breitete sich im ganzen Körper aus und er verlor über zwanzig Kilogramm Gewicht. Keine Chance auf Heilung. Er ist gerade einmal 61 Jahre alt geworden. Im Schlechten wie im Guten war er ein Proletarier, wie er im Buche steht.

Während er im Sterben lag, haben sich unten in der Küche mein Bruder, meine Tante und einer meiner Onkels unterhalten; mein Bruder hatte einen Bandscheibenvorfall (Anfang 20, Maurer), mein Onkel schon mehrere davon (Mitte 40, ebenfalls Bauarbeiter). Zahlen will die Berufsgenossenschaft nie, davon kann auch meine Tante ein Lied singen, ist ja alles arbeitsbedingt.

Kommunist bin ich wegen meines Vaters geworden, in seinem Leben spiegelte sich das ganze Elend der ArbeiterInnenklasse ebenso wie die Niedertracht der Kapitalisten und ihres Staates. Man mag richtigerweise die Autonomen für tot erklären, der Kampf um Autonomie jedoch bleibt nötig, um unsere eigenen Leben vor dem zerstörerischen Zugriff auf unsere Körper und unsere Lebenszeit zu schützen, um uns als Klasse mehr Luft zum Atmen und Kämpfen zu verschaffen. Wir müssen, nicht nur für uns und unsere Kinder, für die Befreiung von kapitalistischem Unrecht kämpfen, sondern auch dafür, dass unsere Alten irgendwann einen würdigen Lebensabend genießen können.

Insofern: Macht Kinder, lasst euch nicht vom Elend der Welt davon abhalten, gebt den ProletarierInnen und ihren Familien den Platz in den revolutionären Organisationen, den es braucht, damit wir wieder wirklich zur Klassenmacht werden können.


1 W. I. Lenin: Arbeiterklasse und Neomalthusianismus, in: Lenin-Werke, Band 19, Dietz Verlag Berlin 1977 (1913), S. 228 f.

2 Karl Marx: Das Kapital, Erster Band, in: Marx-Engels-Werke, Band 23, Dietz Verlag Berlin 1962 (1867), S. 529 f.

3 Max Weber: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, in: Max-Weber-Gesamtausgabe, Band 18, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 2016, S. 159 f.

4 Ton Steine Scherben: Ich will nicht werden was mein Alter ist (1971), https://www.youtube.com/watch?v=uZ_Z6YQCJs8

5Raoul Vaneigem: Zwischen der Trauer um die Welt und der Lust am Leben, Nautilus Flugschrift, Hamburg 2008, S. 36

6 Mao Tse-tung: Fünf philosophische Monographien, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1976, Seiten 174 f.

7Angeblich aus: Martin Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation, 1520, zitiert nach: https://www.kirchliche-dienste.de/damfiles/default/haus_kirchlicher_dienste/arbeitsfelder/maenner/2020/Einfuehrung-ins-Jahresthema—Vortrag-von-Henning-Busse-beim-Studientag-2020.pdf-201c6bf41d0a6c986016dd5c5f51cbf7.pdf

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