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Repression

Solidarität mit dem Roten Aufbau. Stoppt die Klassenjustiz

Von: Vidar Lindström

Am Morgen des 31. August stürmten SEK-Einheiten über 20 Wohnungen in Hamburg und weiteren Bundesländern und einen Stadtteilladen in Hamburg. Der Grund: ein §129 Verfahren gegen (vermeintliche) Mitglieder des Roten Aufbaus Hamburg.

Auch drei Jahre nach dem G20-Gipfel übt sich die deutsche Klassenjustiz in Rache und versucht händeringend Möglichkeiten zu finden, alle Strukturen zu zerschlagen, welche 2017 erfolgreich zum Gipfel mobilisiert hatten, ohne sich von revolutionären Inhalten und militanten Aktionsformen zu distanzieren. Noch im selben Jahr, ließ das Innenministerium – wohlgemerkt unter konstruierten Tatsachen – die vermutlich wichtigste linke Medienplattform, linksunten.indymedia, abschalten. Vorbereitet war dieser Schritt viele Jahre, immerhin war die Plattform das „Zentralorgan“ der radikalen und antagonistischen Linken in Deutschland. Keine andere Plattform hat so sehr zum Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren beigetragen, wie linksunten.indymedia.

Noch direkt nach dem Gipfel folgte eine Repressionswelle auf die andere: bundesweite Hausdurchsuchungen, der Elbchaussee-Prozess, und nächsten Jahr dann das Verfahren zum Rondenbarg. Auffällig häufig zeigt sich der besondere Drang der Staatsanwaltschaft, möglichst harte Urteile zu erwirken, unabhängig dessen, ob die Angeklagten nun tatsächlich widerrechtlich handelten oder überhaupt vor Ort waren. Was zählt ist einzig und alleine die medial aufgeblasene Mär vom bösen Linksextremismus, dem mit aller Härte zu begegnen ist. Das geht soweit, dass sich die Staatsanwaltschaft auch schon mal über tatsächlich geltendes Recht hinwegsetzt. Aber das Recht gehört nun mal dem der die Macht hat. Einer Klassenjustiz, die auch gerne das ein oder andere mal, vermeintliche Militante auf offener Straße erschießen lässt (Killfahndungen RAF) ist eben alles zuzutrauen.

Nun fallen die selben Gewalttäter, die bei der „Welcome to Hell“-Demonstration Tote auf Seiten der Demonstranten in Kauf nahmen, bei unseren Genossen ein und versuchen nun zum zweiten Mal seit G20 eine politische Struktur zu zerschlagen. Wie genau dieser neuerliche Angriff begründet wird, jenseits der Behauptung, die gesamte Gruppe sei in militante Aktionen verwickelt, ist noch offen. Relevant ist es eigentlich nicht, den für öffentliche Kritik bräuchte es so etwas wie eine kritische Presse und von der ist bis auf wenige Ausnahmen nichts zu sehen. Geschichten über vermeintliche Terroristen verkaufen sich eben besser, als die tausendste Story über staatliche Übergriffe.

Aber was regen wir uns eigentlich über die Gegenseite auf. Auf die Presse konnte man sich noch nie verlassen und dass der Staat uns angreift liegt in der Logik der Sache: wir stehen nun mal auf der Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten und wollen eine kommunistische Gesellschaft und die anderen sind eben das politische und juristische Personal der herrschenden Klassen, die uns am liebsten tot sehen würde. Das eigentliche Problem ist doch, dass unsere eigene Seite, die der revolutionären Linken, massiv versagt. Nach dem G20 war die Luft dann gefühlt endgültig raus und wer sich nicht komplett den Mode-Theorien zugewandt hat, dürfte bemerkt haben, dass alle weiteren Versuche sich bundesweit zu organisieren entweder sofort scheiterten oder sich nur mit minimalem Fortschritt bei maximalem Kraftaufwand bewegen. Linksunten wurde platt gemacht, ohne dass auch nur ein nennenswerter Aufschrei gekommen wäre und wo einem gar die eigenen Ideen fehlen, begnügt man sich mit den zehntausenden Empörungsspiralen der kleinbürgerlichen Staatsantifa.

Was seit dem G20 immer offensichtlicher wird, ist die traurige Gewissheit, dass so etwas wie eine revolutionäre Linken in Deutschland kaum noch existiert. Es fehlt nicht nur an geeigneten Strategien, sondern auch an theoretischer Klarheit. Recht behalten, das tun derzeit diejenigen, die seit Jahrzehnten davor warnen jede linke Gewissheit und jede gut überlegte, allgemeingültige Theorie über Bord zu werfen, nur um sich dem bürgerlichen Mainstream anzupassen – für eine vermeintliche Durchsetzungsfähigkeit. Sie haben Recht behalten, dass der gesamte Anpassungsprozess der letzten Jahrzehnte uns systematisch zersetzt hat. Die Projekte die nun geräumt und verboten werden, können nicht mehr auf eine aktive Szene bauen, die es schafft sich selbst und ihre Projekte zu schützen. Gruppen wie der Rote Aufbau werden lieber als ewiggestrige Stalinisten mit Klassenkampf und Antiimperialismus Schwurbelei verschrien, um es sich mit R2G am Verhandlungstisch oder in der eigenen selbstgefälligen Szeneblase wohlig zu machen. Projekte wie die Meuterei, das Syndikat,die Potse, die Liebig und die Rigaer sind je nachdem, wen man von den Szeneschwätzern fragt, entweder hängengeblieben Projekte aus den 80ern die sich nicht am coolen „Projekt um Mehrheiten“ beteiligen wollen oder eben nur dann verteidigenswert, wenn sie der eigenen Selbstdarstellung in der Szene dienen und im medialen Raum Mehrwert für einen selber produzieren. Dass diese verbliebenen Gruppen und Projekte zu den letzten antagonistischen Gegenspielern in einer immer gewalttätigeren kapitalistischen Realität gehören, spielt keine Rolle.

Für uns stellt sich die Frage, wie cool irgendwelche Gruppen sind nicht, wir halten auch nichts davon, sich permanent anzupassen und sich selbst solange für die Öffentlichkeit zu optimieren, bis von der eigenen, ursprünglichen Substanz nichts mehr übrig bleibt. Was dieses Land braucht, ist eine eigenständige, selbstbewusste revolutionäre Linken mit klaren Inhalten, einer starken Organisierung und dem Willen, die Menschen von einer Offensive gegen die Feldzüge des Kapitals zu überzeugen und dafür zur Tat zu schreiten. Oder wie es der Subcomandante Marcos zu seinem Abschied sagte: „Es ist unsere Überzeugung und unsere Praxis, dass man für Rebellion und Kampf keine charismatischen Anführer oder Chefs braucht, keinen Messias und keinen Erlöser. Um zu kämpfen, braucht man nur ein wenig Anstand, etwas Würde und viel Organisation. Alles Weitere nutzt dem Kollektiv oder eben nicht“.

Solidarität mit dem Roten Aufbau Hamburg, allen Angeklagten in den G20-Verfahren, allen widerständigen und antagonistischen Projekten und sowieso mit allen politischen Gefangenen weltweit. Die Spaltung ist unser Untergang, die Solidarität unsere Waffe. Werdet Mitglieder in der Roten Hilfe.

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